Aber es schlummern – von außen unerkennbar – noch andere Kameraden auf dem „Sonntagsbraten“ (der im Übrigen heute keiner mehr ist, weil wir immer mehr Fleisch verzehren): Vor 20 Jahren waren diese bösen Buben in erster Linie Salmonellen, heute haben sich unter den Bakterien Campylobacter-Keime auf Platz 1 der infektiösen Magendarmentzündungen (Gastroenteritis infectiosa) gearbeitet. So die amtliche Statistik, die nach bundesdeutschem Infektionsschutzgesetzes geführt und am Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin bearbeitet und veröffentlicht wird: Mehr als 70.000 Fälle wurden 2011 gemeldet. Besonders betroffen sind Kinder unter 5 Jahren und jüngere Erwachsene zwischen 20 und 29 Jahren1, 2.
Campylobacter sp. verursacht häufig heftigere Beschwerdebilder als die meisten Salmonellosen der letzten Jahre, z.B. blutige Durchfälle und längere Krankheitsverläufe. Besonders gefürchtet ist das GUILLAIN-BARRÉ-Syndrom, eine multiple Entzündung an den Nervenwurzeln, die zu mitunter dramatischen und irreversiblen Lähmungserscheinungen bis hin zu vereinzelten Todesfällen führt. In früheren Jahren blieben viele Campylobacter-Infektionen undiagnostiziert, weil sich dieser Erreger noch nicht im ärztlichen Repertoire befand. Es gibt nach wie vor eine große Dunkelziffer unentdeckter Erkrankungen3.
Woher kommt Campylobacter?
Der Keim siedelt natürlicherweise im Darm verschiedener Tierarten, z.B. beim Wirtschaftsgeflügel und bei Wiederkäuern, ohne dass die Tiere erkranken. Haupteintragsquelle neben Rohmilch ist rohes Geflügelfleisch.
Daher gelten bei der Zubereitung von Geflügel im Privathaushalt besondere Vorsichtsmaßnahmen2:
1. persönliche Hygiene ist wichtig (Hände vor- und nachher gründlich mit möglichst heißem Wasser und Seife waschen, kurze Fingernägel)
2. Auftauwasser und Verpackungen von Fleisch und Geflügelfleisch sorgfältig entsorgen. Alle Kontaktflächen und Utensilien gründlichst reinigen (Geschirrspüler)!
3. beim Umgang mit rohen und gegarten Lebensmitteln nie dieselben Küchenutensilien verwenden
4. Vorsicht mit den Schneidbrettern: gekochte oder anderweitig erhitzte Speisen nicht auf Brettern schneiden, auf denen vorher rohe Lebensmittel geschnitten wurden, wenn diese danach nicht ausreichend gereinigt wurden
5. Lebensmittelrückstände nur mit Einmal-Küchenkrepp aufwischen und entsorgen
6. Küchen-Lappen, Spüllappen und Handtücher regelmäßig wechseln und bei mindestens 60 °C waschen, Spülbürsten in der Spülmaschine reinigen.
7. Kühlkette einhalten! Nach dem Erhitzen bei zusammengesetzten Speisen (z.B. Geflügelsalat) schnell herunterkühlen. Speisen auch im Kühlschrank in geschlossenen Behältern oder vollständig abgedeckt lagern.
8. Meiden Sie Geflügelhackfleisch.
9. Meiden Sie lange Transportwege und bevorzugen Sie regionale Produkte.
FAZIT: Rohes Fleisch verlangt einen professionellen Umgang, soviel ist sicher. Na dann: guten Appetit.
Quellen:
1 https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/epid_bull_form.html
2 ausführliche Beschreibung bei: http://www.bfr.bund.de/cm/350/verbrauchertipps-schutz-vor-lebensmittelbedingten-infektionen-mit-campylobacter.pdf
3 Beckmann G u. Rüffer A. (2010): Mikroökologie des Darmes. Grundlagen-Diagnostik-Therapie. Schlütersche Verlagsbuchhandlung, Hannover (1. Auflage)