Sind Eltern aufgeschlossen gegenüber pflanzlichen Therapien bei Atemwegsinfekten ihrer Kinder?

Dr. Ulrich Enzel, Pädiater, Schwaigern

Welche Patienten sind bei Ihnen am häufigsten von Infektionen der Atemwege betroffen?

Besonders häufig sehe ich Kinder unter fünf Jahren - sie haben deutlich mehr Erkältungskrankheiten als ältere Kinder. Ganz besonders häufig treten Infekte bei Säuglingen im ersten Lebensjahr auf. Das Risiko für eine banale Virusinfektion ist ebenso zu Beginn der Kindergarten- und Grundschulzeit erhöht. Je älter die Kinder werden, desto seltener kommen banale Virusinfektionen vor.

Spielen pflanzliche Therapien bei der Behandlung von Atemwegsinfektionen in der pädiatrischen Praxis eine wichtige Rolle?

Erkältungskrankheiten, die mit Husten, Schnupfen und Fieber einhergehen, lassen sich in der Regel gut mit pflanzlichen Arzneimitteln behandeln. Gerade bei Kindern ist aufgrund der Häufigkeit der Atemwegsinfektionen eine möglichst schonende Behandlungsform gewünscht. Da es immer mehr Studien zu Phytotherapeutika gibt, die die Wirksamkeit bei kindlichen Atemwegsinfekten belegen, haben wir Pädiater heute eine wesentlich bessere Argumentationsgrundlage als noch vor einigen Jahren. Daher ist die Aufgeschlossenheit für phytotherapeutische Therapieangebote in der Regel äußerst positiv - der Anteil der Eltern, die pflanzliche Therapieoptionen generell ablehnen, ist demgemäß sehr gering. In der Regel sind Eltern froh, wenn ihr Kind kein chemisch-synthetisches Antibiotikum einnehmen muss.

Apropos Antibiotika: Bei welchen Erkrankungen werden Ihres Erachtens am häufigsten unnötigerweise Antibiotika eingesetzt?

Chemisch-synthetische Antibiotika wirken nur gegen Bakterien, nicht aber gegen die bekanntermaßen fast ausschließlich durch Viren verursachte Erkältungskrankheiten. Dennoch werden Antibiotika nach wie vor häufig auch bei Virusinfekten wie zum Beispiel einer Nasenschleimhautentzündung und bei anhaltendem Husten eingesetzt. Teilweise wird auch allergischer Heuschnupfen aufgrund des grünen Sekretes als eitrige Rhinitis interpretiert und mit Antibiotika behandelt. Auch virale bzw. beginnende unkomplizierte Fälle von Mittelohrentzündungen sind häufig Diagnosen, bei denen Antibiotika verordnet werden. Doch Antibiotika sind bei viral bedingten Infekten nicht nur nutzlos, sondern gehen mit unerwünschten Nebenwirkungen wie z.B. Durchfall und Allergien einher und können bei häufigem Einsatz zur Bildung resistenter Bakterien beitragen. Eine Studie aus den USA weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Einsatz von Antibiotika in den ersten Lebensjahren Darmbakterien von Kindern resistent gegenüber Antibiotika macht. Darunter fanden die Forscher auch Resistenzen gegen Antibiotika, welche die Kinder noch nie erhalten hatten.

Wie treffen Sie die Auswahl eines geeigneten Phytotherapeutikums?

Primär ist die Wirksamkeit der Pflanzeninhaltsstoffe das Entscheidungskriterium für mich. Daher sollten bevorzugt die klinisch getesteten Produkte aus der Apotheke, das heißt pflanzliche Arzneimittel, verwendet werden. Deren Wirksamkeit ist durch Studien belegt. Zudem unterliegen Arzneimittel standardisierten Herstellungsprozessen, wodurch eine ausreichende Wirkstoffkonzentration gewährleistet wird. Viele, nicht als Arzneimittel zugelassene Produkte sind hingegen zu niedrig dosiert und daher nicht ausreichend wirksam.

Welche Erfahrungen haben Sie mit Senfölen als alternativen Behandlungsansatz bei akuten Atemwegsinfekten?

Meine Erfahrungen sind positiv – auch bei wiederkehrenden Atemwegsinfekten. Dies bestätigt auch die Rückmeldung durch Eltern, die eine hohe Therapie-Zufriedenheit bestätigen, vor allem bezüglich der Abnahmehäufigkeit wiederkehrender Infekte. Neben den Praxiserfahrungen belegen auch Studien, dass Atemwegsinfekte bei Kindern – auch bei wiederholt auftretenden Erkältungskrankheiten – mit Senfölen wirksam und nebenwirkungsarm behandelt werden können. Die pflanzliche oder Phytotherapie kann weiter – auch die Erfolge dieser Behandlung haben Studien gesichert – Komplikationen von Atemwegsinfekten sicher verhindern. Dazu gehören vor allem eitrige Anginen und weitere Erkrankungen, die den Einsatz von Antibiotika erforderlich machen würden.

Was empfehlen Sie den Eltern zusätzlich, damit ihre Sprösslinge bald wieder auf die Beine kommen?

Wie bei Erwachsenen gilt auch bei Kindern: Körperliche Schonung und im Idealfall Bettruhe, wenn der Infekt mit erhöhter Temperatur einhergeht - auch wenn ich weiß, dass dies bei den kleinen Patienten oft schwierig in der Umsetzung ist. In jedem Fall empfehle ich, viel Flüssigkeit, vor allem warme Getränke wie Tee, zu trinken – das macht den Schleim in den Atemwegen flüssiger und das Abhusten fällt leichter. Dampfbäder und Inhalationen haben einen ähnlichen Effekt. Um den vom Husten gereizten Rachen zu beruhigen, können pflanzliche Hustensäfte, Sirups, Lutschpastillen, Hustenbonbons und Gurgellösungen Linderung verschaffen. Auch wenn die Wirksamkeit von diesen Hilfsmitteln oft nicht durch wissenschaftliche Studien belegt ist, machen Eltern mit diesen bewährten Hausmitteln im Alltag meist gute Erfahrungen.

Wichtig ist weiter, dass Kinder (und nicht nur diese), vor allem, wenn sie an Atemwegsinfekten leiden, aber auch um solche zu verhindern, in einem kühlen (14 – 16 ° C) und feuchten (55-65 % Luftfeuchtigkeit) Raum schlafen. Tagsüber sollte dieser Raum gut durchgeheizt werden, um eine Besiedelung mit Schimmelpilzen oder Hausstaubmilben zu verhindern, die Allergien auslösen könnten.

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