COVID-19 und Antibiotikaresistenzen

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Die Breitenanwendung von Antibiotika in Human- und Tiermedizin, die früher in der Landwirtschaft auch als „Leistungsförderer“* Anwendung fand, hat bekanntermaßen zu einer drastischen Zunahme von Resistenzen bei medizinisch lebenswichtigen Antibiotika geführt. Der beispiellose Siegeszug der bakterienabtötenden Substanzen führte zu einem mehr oder minder flächendeckenden und häufig unreflektierten Einsatz dieser Mittel. So wurden und werden beispielsweise viele Antibiotika auch noch heute ohne ausreichende Suche nach den auslösenden Infektionserregern und ohne gezielte Empfindlichkeitsprüfung, die man Antibiogramme nennt, eingesetzt. Durch Breitenanwendung hat man den entsprechenden Selektionsdruck auf die Bakteriengemeinschaften erhöht, sodass die empfindlichen Vertreter letztlich zurückgedrängt oder gar gänzlich eliminiert werden. Dies hat zur Folge, dass aggressivere und mehr oder weniger resistente Bakterien überleben werden. Wenn dann auch noch entgegen der bestehenden ärztlichen Leitlinien sogenannte Reserve-Antibiotika eingesetzt werden, die oft das letzte Mittel gegen resistente Bakterien sind, verengt sich Zug um Zug das mögliche Spektrum an therapeutischen Möglichkeiten, schwere bakterielle Infektionen erfolgreich zu behandeln. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) spricht schon seit Jahren von einer dramatischen Entwicklung. 

Zusätzliche bakterielle Infektionen bei COVID-19 häufig

Es ist menschlich und medizinisch nachvollziehbar, dass der Druck auf Therapeuten steigt, unmittelbar und gegebenenfalls nicht auf Grundlage von vorlaufenden Tests, Antibiotika zu verordnen, je schlimmer und lebensbedrohlicher eine Erkrankung verläuft. Hier kommt die durch das neuartige SARS CoV 2-Virus ausgelöste COVID-19-Erkrankung ins Spiel. Beispielsweise werden bei Patienten in der Klinik schwerste Verläufe an den Zielorganen Lunge und Herz, aber auch den Nieren und am Darm, beobachtet. Die Lunge läuft im Rahmen einer solchen Infektion Gefahr, durch einen sog. Zytokinsturm, also einer Entgleisung des Immunsystems, mit Entzündungs-Mediatoren (Vermittlern einer Entzündungsreaktion) regelrecht überschwemmt zu werden und innerhalb von Stunden „vollzulaufen“. Durch diese Anflutung lebensbedrohlicher Entzündungsreaktionen ist eine Atmung nicht mehr möglich und ein Erstickungstod droht, weshalb künstlich beatmet wird. Sowohl der Krankheitsverlauf einer sich schnell entwickelnden, fortschreitenden Lungenentzündung als auch die Therapie mittels künstlicher Beatmung stellen einen idealen Nährboden und damit eine große Gefahr für sich aufsattelnde bakterielle Infektionen (sog. Sekundärinfektionen) dar.

Eine chinesische Studie berichtet über das vermehrte Auftreten bakterieller Infektionen durch nosokomiale bakterielle Erreger wie Acinetobacter baumannii und Klebsiella pneumoniae bei Patienten, die mit dem neuartigen Coronavirus infiziert waren. Ebenfalls konnten vermehrte Infektionen mit verbreiteten Hefen und Schimmelpilzen nachgewiesen werden, wie z.B. Aspergillus flavus, Candida glabrata und Candida albicans, welche gerade für immunsupprimierte Patienten ein Risiko darstellen (CHEN et al. 2020).

Bakterielle Superinfektionen müssen - der Not gehorchend - massiv antibiotisch behandelt werden. Wenn nun die therapeutischen „Waffen“ durch vielfach unnötige Fehlnutzung stumpf werden und eine bakterielle Superinfektion durch multiresistente Mikroorganismen stattfindet, dann sinken die Überlebenschancen der Patienten dramatisch.

Der dargestellte mikrobiologische Prozess aus viraler Erstinfektion und folgender bakterieller Superinfektion mit gegebenenfalls einem noch höheren Risiko zu versterben, bestätigt ein Bericht von der „klinischen Front“ in New York (REARDON 2020). Hier wird auch auf die sofort nachvollziehbare Notwendigkeit ärztlichen Handelns aufgrund der dramatischen Krankheitsverläufe hingewiesen.

Wirksamkeit von Antibiotika muss erhalten bleiben

Die Corona-Pandemie, die nach Einschätzung der meisten Virologen gerade erst begonnen hat, sollte Anlass geben, um innezuhalten und alles zu tun, damit für die Notfälle dringend benötigte, wirksame Reserve-Antibiotika vorhanden sind. Dazu würde wesentlich beitragen, beispielsweise einfache Erkältungskrankheiten, Reizblasen-Erkrankungen, Blaseninfektionen etc. mit den bekannten, in-vitro und klinisch gut beforschten pflanzlichen Alternativen (z.B. Senföle aus Kapuzinerkresse) wirksam zu versorgen. Angesichts von regelrechten Fördermittelschwemmen bei „Corona-Themen“ wäre es angeraten, auch in dieser Phyto-Nische weiterforschen zu lassen, um einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der dramatischen Antibiotika-Resistenzen zu leisten.

* Antibiotische Leistungsförderer hemmen in Pansen oder Darm von Nutztieren unerwünschte Bakterien und Pilze und fördern andererseits gewünschte Organismen wie beispielsweise Milchsäurebakterien, wodurch die Futterverwertung verbessert wird und der Futterverbrauch sinkt.

Reardon S (2020):  Antibiotic treatment for COVID-19 complications could fuel resistant bacteria. Science; Newsletter, 16.04.20 
Chen N et al. (2020): Epidemiological and clinical characteristics of 99 cases of 2019 novel coronavirus pneumonia in Wuhan, China: a descriptive study. Lancet; 395: 507–13