Antibiotika-Resistenzen: Die WHO wacht langsam auf….

Kategorien: Infektionskrankheiten Resistenzen 

Über die Initiative der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wurde in der Rubrik „Expertenmeinungen“ bereits berichtet (s. GRÖHES 10-Punkte-Programm) 1. In diesen Tagen startet nun eine erste globale Initiative der internationalen Gesundheitswächter.  Zuvor hatte die WHO eine breit angelegte Studie zum Antibiotika-Gebrauch in 133 Mitgliedsstaaten durchgeführt (2015)2. Als wesentliche Problemlagen werden benannt: eine mangelhafte Ausstattung bzw. zu wenig Budget der Referenzlabors, die teilweise Freiverkäuflichkeit von Antibiotika sowie mangelhaftes Wissen über chemisch- synthetische Antibiotika und Resistenzen bei medizinischem Fachpersonal, Laien inkl. Politik, Medien und Hochschulbereich.  

Die „World Antibiotic Awareness Week“ im November soll nun zusätzlich darauf aufmerksam machen, dass Resistenzen gegen Antibiotika weltweit teilweise dramatisch zunehmen. Das geht mit steigenden Gesundheitskosten, verlängerten Therapien, erhöhtem Leiden bis hin zum Versagen der Antibiotika-Therapie einher. Die früher scharfen Waffen gegenüber mancher Infektionskrankheit werden stumpfer. Namentlich nennt die WHO hier Infektionen wie Tuberkulose sowie Lungenentzündungen und Harnwegsinfekte.

Daneben werden allgemeine Regeln für den Gebrauch von Antibiotika bzw. zur Vermeidung von Infektionskrankheiten gegeben:

  • vollständige und richtige Einnahme beachten, d.h. Antibiotika bis zum Ende einnehmen, auch wenn man sich besser fühlt
  • keine Eigenbehandlungen
  • keine Weitergabe der Medikamente an Familienmitglieder
  • keine Nutzung von Altmedikamenten
  • verbesserte Hygiene mit der Empfehlung zu häufigem Händewaschen
  • Vorsicht im Umgang zu erkrankten Personen
  • wenn möglich Impfungen durchführen lassen

Die Naturheilkunde und Pflanzenmedizin hätte hier noch einige gute Ratschläge hinzuzufügen, wie in vielen Beiträgen in dieser Rubrik dargestellt.  Allerdings muss man wissen, dass die WHO von Vertretern der konventionellen Therapie dominiert wird. 

Bakterien tauschen Resistenzen aus: Krankheitserreger sind die Gewinner der Globalisierung

Ein Blick auf die Entwicklungen in der Infektiologie zeigt, dass auf der einen Seite die unbestrittene Zunahme von Resistenzen inkl. Multiresistenzen bei bekannten Krankheitserregern steht, zusätzlich aber auch neue Keime auf den Plan treten, die früher weitgehend harmlos waren.

Acinetobacter baumannii ist beispielsweise ein gramnegativer Keim, der früher allenfalls als Erreger von nosokomialen, also im Krankenhaus erworbenen Infektionen bekannt war. Dieser trat, ausgehend von US-amerikanischen Kriegsheimkehrern aus dem Irak und Afghanistan, die auch in Deutschland  behandelt wurden, in der Folge auch hierzulande auf.  Acinetobacter  baumannii  wird zunehmend als Problemkeim betrachtet3. Bereits in der Erstuntersuchung 2004 wurden im Labor zwei Bakterienpopulationen angezüchtet, die gegenüber allen damals getesteten Antibiotika Resistenzen zeigten! Das auch als Iraquibacter baumannii benannte Bakterium erlangte am Jahresanfang 2015 im Universitätsklinikum Kiel traurige Berühmtheit. Der Keim wurde von einem verunglückten Rentner, der nach einem Türkeiurlaub nach Deutschland verlegt wurde, eingeschleppt und infizierte 31 Personen. Mindestens 13 Infizierte starben. Das Bakterium war nach Klinikangaben bei drei dieser Todesfälle ursächlich beteiligt4. Nachfolgende molekularbiologische Untersuchungen zeigten die Folgen der globalen Bakterien-Mobilität: Der in Kiel nachgewiesene Erreger ist weit verbreitet. Er stimmt mit einem Stamm überein, der in Deutschland erstmals 2009 im Raum Dortmund, später in Köln isoliert wurde. Dort wiesen Ärzte den Erreger bei einem deutschen Urlauber nach, der zuvor in einem Krankenhaus auf der thailändischen Insel Phuket stationär behandelt worden war. In Malaysia wurde der spezielle Stamm 2012 identifiziert.

Vom Mikroorganismus zum Krankheitserreger

Daneben muss im globalen Biotop mit seinen Abermillionen Mikroorganismen stets damit gerechnet werden, dass bekannte Organismen sich Zug um Zug zu Krankheitserregern entwickeln. So wird zum Beispiel Mycoplasma genitalium als neuer Erreger von Geschlechtskrankheiten in einer großangelegten Studie aus Großbritannien angesehen5. Heimtückisch bei dieser Infektion ist die diffuse, eher unspezifische klinische Symptomatik. Das öffnet Fehldiagnosen und -Behandlungen Tür und Tor. Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis sich dann Resistenzen einstellen werden.

Die vorgenannten Beispiele zeigen auf, wie wichtig ein sachgerechter Umgang mit Antibiotika ist. In diesem Zusammenhang sollten alle Alternativen der Prävention und Behandlung – z.B. Alternativen aus der Phytomedizin bei banalen Infektionen – bekannt gemacht und angewendet werden.

Quellenangaben

1WHO: Worldwide country situation analysis: response to antimicrobial resistance (April 2015);  http://apps.who.int/iris/bitstream/10665/163468/1/9789241564946_eng.pdf?ua=1&ua=1

2http://www.who.int/mediacentre/events/2015/world-antibiotic-awareness-week/event/en/

3SCOTT PT; PETERSEN K; FISHBAIN J et al. (2005) Acinetobacter baumannii Infections Among Patients at Military Medical Facilities Treating Injured U.S. Service Members, 2002—2004. MMWR, 19, 2004 / 53(45);1063-1066, herausgegeben vom CDC

4http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/klinikmanagement/article/878051/uniklinik-kiel-lage-stabilisiert-aber-maengel-sichtbar.html

5SONNENBERG  P;  ISON  CA; CLIFTON  S et al. (2015): Epidemiology of Mycoplasma genitalium In British men and women aged 16–44 years: evidence from the third National Survey of Sexual Attitudes and Lifestyles (Natsal-3)

International Journal of Epidemiology 2015, 1–13; doi: 10.1093/ije/dyv194