Antibiotikarückstände im Abwasser

Kategorien: Umwelt Resistenzen 

Der vermehrte Einsatz von Antibiotika in Human- und Tiermedizin führt  auch zum erhöhten Ausscheiden dieser Stoffe. Folglich werden zunehmend Antibiotika in Abwässern und Böden nachgewiesen. Auch falsch entsorgte Medikamente belasten zunehmend die Umwelt. 

Antibiotikarückstände in der Umwelt sind äußerst problematisch, da sie die Verbreitung resistenter Bakterien fördern können. Grund: Antibiotika lassen diejenigen Bakterien überleben, die – ob zufällig oder erworben – Resistenzen tragen. Es wird damit ein zusätzlicher, unnatürlicher Selektionsdruck ausgeübt.

Beim Patienten selbst steigt die Wahrscheinlichkeit einer Resistenzbildung, wenn Antibiotika über einen längeren Zeitraum nicht konsequent oder in zu niedriger Dosierung eingenommen werden. Durch die oben beschriebene Entwicklung in der Umwelt steigt die Wahrscheinlichkeit, dass die resistenteren Mikroorganismen Zug um Zug den Menschen und seine direkte Umgebung bis hin zum Krankenhaus besiedeln. Mehr oder weniger unabhängig steigt der Anteil an Mono- und Multiresistenzen bei den nosokomialen, also im Krankenhaus erworbenen Erregern. Dominierten bis vor 2 Jahren Methicillinresistente Staph. aureus-Keime (MRSA), so steigt mittlerweile der Anteil an resistenten Enterokokken und Enterobakterien1.

Ursachen für eine erhöhte Konzentration von Antibiotika im Abwasser sind zum einen im übermäßigen Einsatz und damit einer erhöhten organischen Ausscheidung von Antibiotika begründet. So stieg von 2005 bis 2010 der Einsatz in der Tiermedizin von 784 auf rund 900 Tonnen. In der Humanmedizin wird sogar von ca. 1.400 Tonnen jährlich ausgegangen2. Die in der Humanmedizin eingesetzten Antibiotika werden nach der Einnahme zum Teil unverändert oder in Form von Abbauprodukten ausgeschieden und erreichen  über das Abwasser die Kläranlage, wo sie nur teilweise entfernt werden können. Am Beispiel der Fluorochinolone, einer Gruppe der sog. Reserveantibiotika,  beträgt der Abbau 70 bis 80 Prozent, der Rest gelangt in Fließgewässer bzw. ins Grundwasser. Aber auch der vermehrte Einsatz von Antibiotika im der Tierhaltung hat Auswirkungen: Über die Exkremente gelangen Antibiotika auf Felder, wo diese durch Versickerung und Abschwemmung in das Grund- und Oberflächengewässer gelangen. Hinzu kommt zudem noch, dass Verbraucher nicht vollständig aufgebrauchte Antibiotika unsachgemäß entsorgen, wodurch die unerwünschten Substanzen voraussehbar in die Umwelt gelangen.

Altmedikamente verantwortungsbewusst entsorgen!

Da vielen Verbrauchern nicht bewusst ist, welche Auswirkung falsch entsorgte Medikamente – und dies gilt nicht nur für Antibiotika – auf die Umwelt haben, ist eine breite Aufklärung von Nöten. Denn zu oft werden nicht vollständig aufgebrauchte Medikamente sorglos über Waschbecken, Toilette oder den Hausmüll entsorgt, obwohl diese über zahlreiche Apotheken zurückgenommen und fachgerecht entsorgt werden können. Allerdings ist die Rücknahme von abgelaufenen und nicht vollständig aufgebrauchten Medikamenten durch die Apotheken seit 2009 nur noch freiwillig. Seitdem wird dieser Service von immer weniger Apotheken angeboten. Um die Mengen von Arzneistoffen wie Antibiotika, Schmerzmittel und Hormone in Abwässern zu verringern, wird von Institutionen wie beispielsweise der Deutschen Umwelthilfe schon lange ein einheitliches Sammel- und Rückgabesystem für Altmedikamente gefordert3.  Zudem sollte schon beim Erhalt von Medikamenten auf eine umweltfreundliche Rücknahme von Altmedikamenten in der Apotheke hingewiesen werden. Eine fachgerechte Entsorgung von Medikamenten kann dazu beitragen, die Abwässer von unerwünschten Arzneimittelwirkstoffen zu entlasten.

Weniger Antibiotika in Abwässern fordert ein Umdenken auf verschiedenen Ebenen

Um die Menge von Arzneimittelwirkstoffen wie Antibiotika in Gewässern zu reduzieren muss auf mehreren Ebenen angesetzt werden. Oberstes Ziel dabei ist, den Einsatz von Antibiotika auf ein nötiges Minimum zu reduzieren. Dies bedeutet zum einen ein verantwortungsbewusstes Verschreibungsverhalten von Ärzten in Klinik und Praxis, denn Antibiotika sollten wirklich nur dann eingesetzt werden, wenn bakterielle Infektionen vorliegen, bei denen die Verordnung unumgänglich und sinnvoll ist. Dazu gehört eine mikrobiologische Analytik lege artis inkl. der Erstellung von In-Vitro-Empfindlichkeitsprüfungen (Antibiogramme)4.

Zudem wird die Forderung nach einer Reduzierung des massenhaften Einsatzes von Antibiotika in der Tierhaltung und Veterinärmedizin immer lauter. Zwar existieren als Berufsstandard seit 2001 die sog. „Antibiotika-Leitlinien“ seitens der Bundestierärztekammer (letzte Revision 2010), allerdings wird in der Praxis immer wieder dagegen verstoßen5. Politische Ansätze wie die Reform der Tierarzneimittelgesetzgebung, die beispielswiese den Einsatz bestimmter, für die Humanmedizin wichtiger Antibiotika in der Tiermedizin strenger reglementiert, können einer bedrohlichen Resistenzentwicklung bei Humanantibiotika entgegenwirken.

Zu guter Letzt wäre die Einführung eines verbindlichen bundesweit einheitlichen Medikamenten-Sammelsystems in den Apotheken ein wesentlicher Ansatz, der dazu beitragen könnte, dass Antibiotika nicht ungefiltert in die Umwelt gelangen und dort die Antibiotikaresistenzen weiter fördern.

Quellen:

1 http://www.kliniken-koeln.de/upload/Nosokomiale_Infektionen_und_multiresistente_Erreger__Gastmeier_P__Mattner_F_5908.pdf

2 http://www.animal-health-online.de/gross/2012/07/18/antibiotika-wie-hoch-liegen-die-verbrauche-wirklich-1-400-plus-x-tonnen-in-der-humanmedizin/21502/

3 http://www.aerzteblatt.de/nachrichten/53570/Falsch-entsorgte-Arzneimittel-gefaehrden-die-Umwelt

4 Neumeister B; Geis HK; Braun  RW; Kimmig  P (2009, Hrsg.): Mikrobiologische Diagnostik. Thieme Verlag, Stuttgart-New York

5 http://www.bundestieraerztekammer.de/downloads/btk/antibiotika/Antibiotika-Leitlinien.pdf