Zu häufiger Einsatz von Antibiotika

Kategorien: Infektionskrankheiten Resistenzen 

Eine aktuelle Auswertung der Verordnungsdaten von Antibiotika zeigt, dass Kinder, die an einer Mittelohrentzündung erkranken, immer häufiger chemische Antibiotika verschrieben bekommen. In diesem Zusammenhang warnt die Techniker Krankenkasse (TK) vor einem zu leichtfertigen Umgang mit Antibiotika-Verordnungen.1

Kinder mit Mittelohrentzündung bekommen immer häufiger chemische Antibiotika verschrieben: Aus den Daten der TK geht hervor, dass die Zahl der Verordnungen von 2008 bis 2010 für versicherte Kindern zwischen drei und zwölf Jahren um 26 Prozent gestiegen ist.

Auch bei Kindern gilt: Je häufiger Kinder Antibiotika nehmen, desto höher ist das Risiko, dass immer mehr Bakterien Antibiotikaresistenzen entwickeln. Der Arzneimittel-Fachbereichsleiter bei der TK weist daher darauf hin, dass gerade bei Mittelohrentzündungen Ärzte gründlich abwägen sollten, ob Antibiotika wirklich nötig sind.

Zunächst empfiehlt sich bei Mittelohrentzündung der Einsatz von entzündungshemmenden Schmerzmitteln, und abschwellenden Nasentropfen, auch pflanzliche Behandlungsansätze können  mithelfen, dass eine akute Mittelohrentzündung – auch ohne Einsatz von Antibiotika – abklingt. Erst nach drei Tagen unverminderten Symptomen (Ohrenschmerzen)  sollen Antibiotika zum Einsatz kommen.

Häufig leichtfertiger Antibiotikaeinsatz auch bei anderen Krankheitsbildern  

Ein weiteres Krankheitsbild, bei dem die Verordnung von Antibiotika stärker hinterfragt werden muss, ist die Entzündung  der Nasennebenhöhlen, die Mediziner als Sinusitis bezeichnen. Rund jedes fünfte Antibiotikum wird derzeit bei dieser Erkrankung verordnet. Das Paradoxe daran ist, dass in etwa 90 Prozent der Fälle eine akute Sinusitis auf virale Erreger zurückzuführen ist, bei denen chemische Antibiotika keine Besserung hervorrufen, denn diese wirken nur gegen Bakterien. Eine aktuelle Studie belegt nun sogar, dass die Behandlung der Sinusitis mit chemischen Antibiotika häufig selbst dann keine Besserung bringt, wenn die Ursache Bakterien sind.2

Alternativen für den Einsatz von Antibiotika bei Sinusitis sind beispielsweise die gezielte Bekämpfung der Schmerzen, abschwellende Nasensprays oder pflanzliche Mittel.

 Resistenzen als Folge des sorglosen Einsatzes von Antibiotika

Zu den unerwünschten Wirkungen von chemischen Antibiotika zählt die Entwicklung von Resistenzen. Darunter versteht man, dass die Bakterien trotz Gabe eines Antibiotikums, das in vorschriftsmäßiger Dosierung ausreichend lang eingenommen wird, ihre Vermehrung nicht einstellen. Resistente Bakterien sind gegenüber der Wirksubstanz unempfindlich geworden. Ein häufig allzu sorgloser Einsatz von Antibiotika in der Vergangenheit hat dazu geführt, dass heutzutage immer weniger Antibiotika zuverlässig wirken. Antibiotika werden leider oftmals zu schnell, generell zu häufig und in zu geringer Dosierung eingesetzt oder die Behandlung wird zu früh abgebrochen. In Folge dessen überleben einige Bakterien, die dann nicht mehr empfindlich gegenüber dem eingesetzten Antibiotikum sind.  Diese Eigenschaften geben sie an  Folgegenerationen weiter und es entstehen resistente Bakterienstämme, die nur noch schwer zu bekämpfen sind.

Ein zusätzliches Problem stellt der übermäßige Einsatz von Antibiotika in der Tiermast dar: Die Massentierhaltung geht mit der Ausbruchsgefahr zahlreicher Infektionskrankheiten einher, die fast immer antibiotisch behandelt werden. Zwangs­läufig entwickeln sich auch hier verstärkt Resistenzen gegen die verabreichten Medikamente. Gefährlich wird es für den Menschen, wenn die in den Mastställen und in deren Umgebung verbreiteten Infektionserreger nicht nur beim Tier sondern auch beim Menschen krankmachend sind. Die Erreger, wie der mittlerweile gegen viele Antibiotika resistente MRSA-Keim, können durchaus auch durch Tiermäster, Landwirtschaftsarbeiter, Veterinäre oder Anwohner aus der Nachbarschaft in Krankenhäuser und klinische Einrichtungen übertragen werden und sich dort ausbreiten. Die Beschränkung des Einsatzes von Antibiotika bei Mensch und Tier auf ein therapeutisch notwendiges Maß ist daher ein wichtiges Ziel, um die Entstehung und Verbreitung von Resistenzen zu verringern. Gerade bei Krankheitsbildern, bei denen die Wirkung von Antibiotika wenig gerechtfertigt ist, muss der Einsatz von Verordnern kritisch hinterfragt werden – hierzu zählen beispielsweise die bereits genannten Mittelohrentzündungen, Entzündungen der Nasennebenhöhlen und auch unkompliziert verlaufende Harnwegsinfekte.  Zumal für alternative Behandlungsansätze bei zahlreichen Indikationen sehr gute Erfolge bei der Symptomlinderung nachgewiesen sind.

Quelle:

1http://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/panorama/tk-kinder-bekommen-zu-viele-antibiotika

2http://www.pressetext.com/news/20120215023

http://www.forum-gesundheitspolitik.de/artikel/artikel.pl?artikel=1511