Bayerns Aktionsbündnis gegen Antibiotikaresistenz (BAKT)

Kategorien:  Gesundheitspolitik 

Mehrfach resistente Bakterien nehmen durch unreflektierte oder unkontrollierte Anwendung in Tier- und Humanmedizin weltweit dramatisch zu. Folgen: vermeidbares Leiden, Todesfälle, längere Liegezeiten und höhere Kosten im Gesundheitssystem. Neben nationalen Initiativen hat sich nun auch in Deutschlands Süden das „Bayerische Aktionsbündnis zur Reduzierung von Antibiotikaresistenzen (BAKT)“ anlässlich des 10jährigen Bestehens des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gegründet. Ihm gehören neben den einschlägigen Ministerien und berufsständischen Vertretungen u.a der bayerische Bauernverband, der Verband der forschenden Pharmahersteller (VFA) sowie die Verbraucherzentralen an.

Wie so häufig, werden im sog. Konsensus-Papier1 überwiegend Allgemeinplätze verbreitet. So wird ein Austausch von Landwirten, Tier- und Humanmedizinern sowie Apothekern angeregt. Was soll das konkret bringen? Schon jetzt wird man bei dem in tierärztlichen und ärztlichen Praxen vorherrschenden Erfolgsdruck  keinen konventionellen Therapeuten davon abhalten, mit Blick auf das Allgemeinwohl oder ein eher virtuelles Ziel wie die Reduzierung von Resistenzen das Verordnungsverhalten nachhaltig zu verändern. Immerhin wird auf leitliniengerechte Diagnostik (inkl. Mikrobiologie und Antibiogramm) und Therapie abgehoben sowie eine ständige Fort- und Weiterbildung der Therapeutinnen und Therapeuten angeregt.

Die mitlaufende wissenschaftliche Tagung lieferte einige neue Erkenntnisse:

Prof. Sören Gatermann (Ruhruniversität Bochum) betonte, wie wichtig für die Ausbreitung resistenter Mikroorganismen die unmittelbare Anwendung von Antibiotika ist, indem diese den unempfindlicheren Bakterien einen Wachstumsvorteil ermöglichen. Kommen dann noch Möglichkeiten zur Übertragung hinzu – diese seien „fast ausnahmslos an Hygienemängel gebunden“(!) – dann  wird’s gefährlich2. Kein Wunder, dass die multiresistenten Keime besonders in Krankenhäusern anzutreffen seien. Werden Patienten verlegt oder vorzeitig entlassen (z.B. Tropenreisende, die so schnell wie möglich ins Heimatland wollen), dann können resistente Mikroorganismen über größere Distanzen verbreitet werden. Beispiele hierfür sind NDM1-tragende Klebsiellenstämme (ursprünglich aus Indien) oder multiresistente Acinetobacter-Stämme (ursprünglich aus dem Nahen Osten und der Mittelmeerregion). Das Problem der Migration von gefährlichen Mikroorganismen durch die massiv erhöhte weltweite Mobilität blenden wir bis auf kleine Aufregungsschübe wie bei SARS, Vogel- und neuartiger Schweinegrippe eigentlich unverantwortlich aus. Erst durch die Auseinandersetzung mit der sog. Schweinegrippe 2004/2005 hat man sich in Deutschland ernsthaft mit der Erstellung eines eigentlich überfälligen nationalen Pandemieplanes beschäftigt2.

Einen Blick über den Tellerrand zu unseren alpinen Nachbarn gewährte der Beitrag über „Antibiotic Stewardship“ (verantwortlicher und sparsamer Umgang mit Antibiotika) von Frau Dr. Agnes Wechsler-Fördös, Hygieneteam der Krankenanstalt Rudolfstiftung (Wien)3. Im Rahmen verschiedener EU-geförderter Projekte wurden in den teilnehmenden Krankenhäusern (70) maßgeschneiderte Antibiotika-Listen erstellt und Fortbildungen etabliert. Angesichts der allseits bekannten Tatsache, dass es um das pharmakologische Wissen vieler Therapeuten nicht sehr gut bestellt ist, erscheint das als ein guter Ansatz. Das Projekt ist eingebettet in die österreichische „Nationale Initiative zur Eindämmung der antimikrobiellen Resistenz“.

1http://www.lgl.bayern.de/downloads/doc/bakt_konsensusstatement.pdf

http://edoc.rki.de/oa/articles/reH6iBugD7DUk/PDF/22PtjIFbRmu2.pdf

http://www.lgl.bayern.de/publikationen/doc/symposium_antibiotikaresistenz_tagungsband.pdf