Alle reden von MRSA – doch auch andere Antibiotika-resistente Keime gewinnen zunehmend an Bedeutung

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Wenn es um Keime geht, gegen die chemisch-synthetische Antibiotika nicht mehr wirksam sind, haben die meisten schon mal von MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) gehört.  Diese Bakterienbefinden sich zum Beispiel auf der Haut von MRSA-Trägern, ohne Erkrankungen auszulösen. Eine Infektion kann dann ausbrechen, wenn die MRSA-Erreger infolge eines geschwächten Abwehrsystems über Wunden oder durch Schleimhäute in den Körper gelangen.  Das ist häufig bei Patienten im Krankenhaus der Fall, weshalb MRSA auch häufig als „Krankenhauskeim“ bezeichnet wird. Da MRSA gegen wichtige Antibiotika unempfindlich (multiresistent) ist, kann eine Infektion einen schweren Verlauf nehmen.Zwar ist in den vergangenen Jahren ein Rückgang von MRSA-Infektionen zu verzeichnen, jedoch sind in Deutschland die MRSA-Keime immer noch dominant. Noch nicht ausreichend ins öffentliche Bewusstsein gerückt sind andere Erreger – zu nennen wären hier zum Beispiel VRE (Vancomycin-resistente Enterokokken).

VRE riskant bei abwehrgeschwächten Patienten

Bei VRE handelt es sich meist um den Erreger Enterococcus faecium, der sogar bereits Resistenzen gegenüber dem Reserveantibiotikum Vancomycin aufweist. Reserveantibiotika sind oft das letzte Mittel gegen resistente Bakterien. Diese hochwirksamen Antibiotika sind originär der Therapie schwerer, lebensbedrohlicher Erkrankungen vorbehalten, wenn krankmachende  Bakterien bereits Resistenzen gegen andere Antibiotika entwickelt haben. In jüngster Zeit werden selbst gegen diese letzten Hoffnungsträger immer häufiger Resistenzen beobachtet.

VRE-Erreger können vor allem bei abwehrgeschwächten Patienten zu Infektionen führen. Dass zur Bekämpfung dieses Keims nur noch sehr wenige  Medikamente zur Verfügung stehen, macht VRE zu einem  Krankenhaus-Problemkeim, der in Kliniken schwer zu bekämpfen ist.  Eine größere Öffentlichkeit hatte VRE im Frühjahr 2015 erlangt, als auf einer Frühgeborenen-Station in Düsseldorf bei 13 Säuglingen VRE nachgewiesen wurde.  Beim Kongress der Deutschen Gesellschaft für innere Medizin im Frühjahr 2016 wurden Zahlen vorgestellt, die zeigen, dass die Häufigkeit  der Vancomycin Resistenz bei Enterococcus faecium in manchen Kliniken bereits bei 23 Prozent liegt.

Auch weitere resistente Keime auf dem Vormarsch

Doch auch sog. ESBL-bildende Darm-Bakterien bereiten zunehmend Grund zur Sorge. ESBL (Extended Spectrum ß-Lactamase  bzw. ß -Laktamasen mit erweitertem Wirkungsbereich) ist im Gegensatz zu den davor beschriebenen Keimen kein bestimmter Krankheitserreger,  sondern steht für eine Eigenschaft, die eine ganze Bakteriengruppe resistent gegen viele Antibiotika macht. ESBL-bildende Bakterien können nämlich Enzyme bilden, die Antibiotika wirkungslos machen.  Zu ihnen zählen zum Beispiel Kolibakterien (Escherichia coli , häufigste Verursacher von Blasenentzündungen). Probleme entstehen auch hier nur dann, wenn diese Bakterien vom Darm in andere Körperregionen gelangen. Dann können sie gefährliche Entzündungen wie z. B. Harnwegs- oder Lungenentzündungen verursachen oder offene Wunden nach einer Operation infizieren. Besonders schwerwiegend verlaufen solche Infektionen bei immun-geschwächten Personen. 

Warum resistente Keime zunehmend zum Problem werden

Ob MRSA, VRE oder ESBL-E.coli – all das sind Arten von Bakterien, die es schon immer gab. Über die Jahre ist der Anteil der Antibiotika-resistenten Varianten bei den in Kliniken nachgewiesenen Bakterien gestiegen. Ein wesentlicher Grund für die Zunahme von Resistenzen ist ein zu häufiger, teils unsachgemäßer Einsatz von  Antibiotika: Der flächendeckende Gebrauch dieser Medikamente in der Tiermast hat ein alarmierendes Ausmaß erreicht, zudem hat auch der übermäßige und häufig nicht sachgerechte Einsatz von Antibiotika in den Arztpraxen und Krankenhäusern dazu geführt, dass die Zahl resistenter Bak­terien stetig ansteigt. Besonders bei den VRE und ESBL-bildenden E. coli haben Massentierzucht und Ausbreitung über Lebensmittel wie Hühnerfleisch sowie internationale Reisetätigkeit wesentlich zur Zunahme von Resistenzen beigetragen. So zeigt eine Untersuchung aus Frankreich, dass die Hälfte der Fernreisenden mit multiresistenten Erregern im Darm aus tropischen Ländern zurückkehren.1

Strategien gegen resistente Bakterien

Die Deutsche Antibiotika-Resistenzstrategie DART 2020 hat sich daher u. a. zum Ziel gesetzt, Antibiotika-Resistenzen frühzeitig zu erkennen. Vorgesehen ist hier unter anderem die Ausdehnung der Meldepflicht auf weitere resistente Keime, Infektionsketten früh zu unterbrechen – zum Beispiel durch strikte Einhaltung von Hygienestandards in Krankenhäusern – und zu guter Letzt, bestehende Therapiemöglichkeiten zu verbessern. Hier ist unter anderem die Erarbeitung von Konzepten zur Erstellung und Anwendung lokaler Leitlinien und Empfehlungen im ambulanten und stationären Bereich vorgesehen. Wünschenswert wäre, bei unkomplizierten Infektionen auch  die Möglichkeiten alternativer Therapien zu berücksichtigen. Gegenwärtig gelangen  Substanzen, die keine Resistenzen verursachen, zunehmend in den Fokus der Forschung. Dazu gehören unter anderem Pflanzeninhaltstoffe. Ein Beispiel sind die Senföle, die bereits in der traditionellen Volksheilkunde therapeutisch eingesetzt wurden. Zahlreiche Studien jüngeren Datums bestätigen das breite antibakterielle Wirkspektrum  solcher Substanzen, unter anderem gegen die oben beschriebenen Problemkeime  MRSA, VRE und E. coli (  inklusive resistente, ESBL-bildende E. coli-Stämme), ohne dass aufgrund des multimodalen Wirkmechanismus Resistenzentwicklungen  beobachtet werden konnten.

Solche Pflanzeninhaltsstoffe haben, als Arzneimittel genutzt, einen zunehmenden Stellenwert in der Therapie von unkompliziert verlaufenden Infektionen und können zur Entschärfung des Resistenzproblems beitragen.

1) http://cid.oxfordjournals.org/content/61/11/1766